Im Rahmen der Baden-Württembergischen Theatertage hatten die Teilnehmer des Jugendtheatercamps eine Performance einstudiert und setzten mit Kunst ein Zeichen
Eine neue Idee, ein Schulterschluss: Demokratisches Handeln beginnt schon im Kleinen. Und zwar überall dort, wo Mitbestimmung möglich und Haltung gefragt ist. Die Partnerschaft für Demokratie Ostalbkreis und das Theater der Stadt Aalen haben mit der Teilnahme an der bundesweiten Aktion „Es beginnt mit dir“ von „Demokratie leben!“ am Samstag in der Aalener Innenstadt für Aufsehen gesorgt.
Gerade in herausfordernden Zeiten, die von dem Krieg gegen die Ukraine und der Energiekrise geprägt sind, müssen demokratische Werte besonders geschützt werden. Alle sind hier gefragt, denn Demokratie ist eine gemeinsame Sache und beginnt mit jedem und jeder einzelnen. Darauf will «Es beginnt mit dir.», die aktuelle Kampagne des Bundesprogramms «Demokratie leben!», aufmerksam machen.
Vom Alten Rathaus zog man gemeinsam zum Platz vor der Stadtkirche. Mit dem Megafon wurden die Marktbesucher eingeladen, der Theatergruppe zu folgen. Viele nahmen die Einladung an. Die Jugendlichen waren im Rahmen der Baden-Württembergischen Theatertage nach Aalen gekommen, um an einem Jugendtheatercamp des Theaters der Stadt Aalen teilzunehmen. Indem sie ein Kunstprojekt gemeinsam vor Ort umsetzten, konnten sie ihre Kreativität unter Beweis stellen und durch den Gedanken- und Erfahrungsaustausch mit anderen dazulernen. Mit Musik, Tanz und Standbildern zogen sie rund 150 Zuschauer an. „Sag mir, was ist fair? Wenn jemand eine Wohnung nicht bekommt, weil er den falschen Nachnamen hat?“, fragten die Performer in die Zuschauerrunde. „Du weißt, dass ich keine Ahnung habe? Dafür müsstest du mir erst einmal zuhören“, lautete ein weiterer Vorwurf.
Fragen wurden an die Zaungäste gerichtet. Demokratie sei schließlich nicht nur essenziell für das friedliche und vielfältige Zusammenleben unserer Gesellschaft, sondern auch eine richtig spannende Sache. Und so startete ein offenes Gespräch während der Marktzeit über die Demokratie. Die Zuschauer bekamen vor der Stadtkirche zwei Felder zur Wahl gestellt, in einem stand ein Ja im anderen ein Nein.
Wie leer gefegt war die Seite, auf der das große Kreide-Ja stand bei der Frage, ob man sich durch die Politiker im Bundestag gut repräsentiert fühle. Allerdings hatten die Nein-Sager auch Zweifel und der Einwand einer jungen Zuschauerin war überraschend und stark zugleich: „Ich glaube nicht, dass ich mich ausreichend politisch informiere, um das richtig beurteilen zu können.“ Dass sie sich auf das Feld mit dem Nein gestellt habe, sei auch etwas dem Gruppenzwang geschuldet. „Hast du das Gefühl, etwas verändern zu können?“, lautete die nächste Frage. Ganz allein werde das nichts, in einer Gruppe allerdings schon, so die Antwort aus dem Publikum. Von dort kam dann die Frage nach dem Maßstab bei der Chancengleichheit. Denn Akademikerkinder hätten es immer noch leichter als Arbeiterkinder im Leben voranzukommen. Auch wurde die Forderung laut, es allen Menschen zu ermöglichen, ein Theater zu besuchen. Ein Besuch einer Vorstellung sollte nicht davon abhängen, ob man den Preis für die Karte bezahlen könne. Gäste aus der Schweiz berichteten stolz über deren Art der direkten Demokratie. Man schätze dabei, dass man nicht nur für Personen stimmen könne, sondern auch für oder gegen Themen: „So fühle ich mich mehr gehört.“
Eins wurde durch die Aktion deutlich: Viele Bürgerinnen und Bürger wünschen sich mehr direkte Beteiligung. Um mit der Klimakrise fertig zu werden, so die Meinung von Winfried Tobias vom Theater der Stadt Aalen, brauche es mehr als eine repräsentative Demokratie. Seine Befürchtung sei, dass uns die Klimakrise in einer Art und Weise überholen werde, dass viele demokratische Regulatoren mit Notstandsgesetzen über den Haufen geworfen werden müssen. Am Ende des Happenings schrieben alle gemeinsam ihre Wünsche für die Zukunft mit Kreide auf das Kopfsteinpflaster.